Gedanken zur Gemeindefreizeit 2005
So manch einer mag bei seiner Anreise gedacht haben, dass die Räumlichkeiten in Hirschluch (bei Storkow, wo wir ein Jahr zuvor waren,) doch gar nicht so schlecht waren. Das Freizeitheim am
Hölzernen See, das sich seit der Wende vor 15 Jahren nicht viel verändert zu haben scheint, hat den Flair eines Pionierlagers noch nicht ganz verloren. Und darum verzeiht man ihm vielleicht
einiges, denn der Anblick wirkt nicht harmonisch, er beunruhigt: Neben Freizeitbaracken und einem Essenssaal in der Größe einer Kaufhalle steht ein geräumiger dreigeschossiger Plattenbau, den wir
mit mehr als 500 m² Wohnfläche ganz für uns hatten. Dahinter ragt ein ausgedienter Schornstein von 25 Meter Höhe in den Himmel, dessen Bedeutung wir nicht ganz klären konnten. Wer unmittelbar vor
ihm steht, befindet sich inmitten einer kleinen Müllhalde, alte Möbel, Gebrauchsgegenstände und ein Boiler, der Öl verliert, eben mal hinter das Haus gekarrt.
Doch das Gelände hat noch eine andere Seite: Der See, eingesäumt von dichtem Wald, einfach schöner Natur. Die Umgebung bietet Entschädigung genug und wendet das Ansinnen des Geländes doch
irgendwie zum Positiven. So haben wir uns über die großzügige Unterbringung im Haus gefreut und über weniger schöne Dinge hinweggesehen. Gemeinschaft braucht eben nur das Notwendige.
Was man beim ersten Gang über das Gelände noch nicht wahrnimmt: Das Erholungsheim am Hölzernen See hat seine Geschichte. Am Ufer des Sees war einst ein Sägewerk. Die Baumstämme wurden zum
Transport an das andere Ende des Sees in das Wasser gelegt. Als das Sägewerk seinen Betrieb einstellte, blieben einige Stämme auf dem Wasser liegen. Daher der Name "Hölzerner See". 1950 wurde
wurde am See ein Betriebs- und Pionierferienlager eröffnet. Das Lager wurde zur Stätte sozialistischer Prägung. Unzählige Kinder und Jugendliche verbrachten hier ihre Sommerferien. Der DEFA-Film
"Sieben Sommersprossen", der von einer Schülerliebe und einer "Romeo & Julia"-Theateraufführung handelt, wurde hier gedreht.
Gerahmte Zeitungsartikel im Essenssaal erinnern an einen Teil dieser Geschichte: "In seinem Namen Gutes tun", lese ich. Sofort kommt mir Jesus in den Sinn! Gemeint war aber Ernst Thälmann. Ich
sehe Pioniere auf einem Bild, die Kränze zu Ehren von Thälmann niederlegen. Wie dicht die Dinge doch beieinander zu liegen scheinen: Wir, die wir Jesus nachfolgen, unseren Auftrag verstehen und
leben wollen und Menschen, die einst Ernst Thälmann und andere unermüdlich zum Vorbild erhoben haben. Dicht zusammen und doch so weit voneinander getrennt.
Unser Thema auf der sechsten Freizeit handelte von geistlichen Gaben, Visionen für unsere Gemeinde und vom Zeugnisgeben - Unseren Auftrag leben! Ein gutes Thema, wenn wir auch gespürt haben, dass
das Ziel noch nicht recht greifbar ist: Geistliche Gaben anzuerkennen, sie dankbar anzunehmen und zu fördern. Visionen für die Gemeinde zu entwickeln und sie konkret umzusetzen. Zeugnis zu geben,
dem Nächsten im Alltag Rede und Antwort über den christlichen Glauben zu stehen und dabei die persönliche Situation des anderen vor Augen zu haben. Der Weg, der vor uns liegt, mag nicht leicht
sein, aber es ist gut zu sehen, dass wir unterwegs sind und dass genau diese Themen uns dabei bewegen.
Die Planungen für eine Gemeindefreizeit fallen leichter, wenn man mit dem Gelände vertraut ist. Wir kennen jetzt den Hölzernen See mit allem Schönen und auch weniger Angenehmen.
Vielleicht entscheiden wir uns ja noch einmal für die positiven Dinge.
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